Auf Initiative von Libereco haben zwanzig Menschenrechtsorganisationen aus zehn verschiedenen Ländern einen Brief unterzeichnet, der an 413 belarusische Richter versendet worden ist. In dem Schreiben verweisen die Organisationen auf die Verwicklung der Richter in Menschenrechtsverletzungen und die Inhaftierung unschuldiger Menschen in Belarus.
Die angeschriebenen Richter waren alle an politischen Prozessen sowie der Verurteilung friedlicher Demonstrant*innen und von Personen beteiligt, die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine kritisierten. Viele der Verurteilten hatten lediglich ihre grundlegenden Rechte eingefordert und gelten als politische Gefangene.
Belarusische Richter spielen eine zentrale Rolle im autoritären Regime von Diktator Alexander Lukaschenko. So verweigern sie Angeklagten regelmäßig ihr Recht auf ein faires Verfahren, sie agieren parteiisch und schließen die Öffentlichkeit von Verhandlungen aus. Die Gerichte missachten grundlegende rechtsstaatliche Standards, drakonische Haftstrafen sind an der Tagesordnung. Richter gehören zu jenen Gruppen, die maßgeblich an Lukaschenkos brutalen Repressionen beteiligt sind, die aber von der internationalen Gemeinschaft bisher weitgehend ignoriert werden. Die internationale Kampagne zerrt die Richter nun ins Rampenlicht.
Richter brechen systematisch Amtseid
Der Organisator der Kampagne und Vertreter von Libereco in Großbritannien, Ken McBain, erklärt: „Diejenigen, die in Belarus das Recht missbrauchen, müssen verstehen, wie die Welt auf ihre Handlungen blickt. Wir danken allen Organisationen, die diesen Brief unterschrieben haben, damit wir den Richtern diese deutliche Botschaft direkt übermitteln können. Die Richter haben bei ihrem Amtseid geschworen, ‚ehrlich und gewissenhaft meine Pflichten zu erfüllen, Recht zu sprechen und dabei nur der Verfassung der Republik Belarus zu gehorchen, unparteiisch und gerecht zu sein, wie es die Pflicht eines Richters mir gebietet‘. Es ist deprimierend zu sehen, wie systematisch diese Richter das genaue Gegenteil tun und diesen Eid brechen.“
Im Schlussteil des Schreibens, das jeweils einzeln per Post an 413 Adressen der Richter nach Belarus verschickt wurde, heißt es unter anderem:
Sie befinden sich in einer Position der Autorität und Verantwortung, und wir, alle Unterzeichner, bitten Sie, diese Autorität und Verantwortung gemäß den Grundsätzen Ihres Berufes auszuüben. Es ist noch nicht zu spät für Sie, um vor Gericht in den kommenden Tagen und Wochen Ihren Eid einzulösen und die internationalen Verpflichtungen einzuhalten, die Belarus in Bezug auf die Menschenrechte eingegangen ist. Es ist noch nicht zu spät für Sie, den Eid einzuhalten, den Sie dem belarusischen Volk gegeben haben. Es ist nicht zu spät für Sie, Ihre belarusischen Mitbürger*innen so zu behandeln, wie Sie selbst vor Gericht behandelt werden möchten: mit Unparteilich-, Ehrlich- und Gerechtigkeit, mit Transparenz und Respekt vor einem ordnungsgemäßen Verfahren.
Die an der Kampagne beteiligten Organisationen:
Libereco Germany (Deutschland)
Libereco Switzerland (Schweiz)
Ice & Fire Theatre (Großbritannien)
Index on Censorship (Großbritannien)
Foundation Max van der Stoel (Niederlande)
Lawyers for Lawyers (Niederlande)
European Exchange (Deutschland)
Italian Federation for Human Rights (Italien)
Article 19 Europe (Großbritannien)
ACAT Belgium (Belgien)
Norwegian Helsinki Committee (Norwegen)
Campax (Schweiz)
MARA – Belarusians in Nederland (Niederlande)
ACAT Switzerland (Schweiz)
Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (Schweiz)
We Remember (Niederlande)
Netherlands Helsinki Committee (Niederlande)
Barys Zvozskau Belarusian Human Rights House (Litauen)
Ligue Algérienne pour la Défense des Droits de l’Homme (Algerien)
Östgruppen (Schweden)