Sehr geehrter Herr Präsident!

Wir, 48 unterzeichnende Organisationen aus 24 Ländern, verurteilen auf das Schärfste die anhaltende Welle von Verhaftungen und Schikanierungen von friedlichen Demonstranten, Journalisten, Menschenrechtsverteidigern, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Anarchisten und Mitgliedern oppositioneller Parteien in Belarus.

Die meisten Verhaftungen und Schikanen stehen in Verbindung mit der Teilnahme an friedlichen Protesten, mit denen die Rücknahme des Präsidenten-Dekrets Nr. 3 gefordert wird, die so genannte “Sozial-Schmarotzer”-Gesetzgebung, welche Arbeitslose in Belarus mit einer Straf-Steuer belegt. Das Dekret Nr. 3 verpflichtet belarussische Staatsbürger dazu, eine bestimmte Anzahl von Tagen zu arbeiten oder unter Androhung einer Haftstrafe eine spezielle Steuer an den Staat zu zahlen. Dies widerspricht Art. 41 der belarussischen Verfassung und verletzt die internationale Menschenrechts-Gesetzgebung.

Gemäss Berichten belarussischer und internationaler Menschenrechtsorganisationen wurden im Zeitraum vom 3. bis 22. März 2017 mehr als 250 Menschen verhaftet, darunter mindestens 31 Journalisten. Mindestens 110 Menschen wurden zu Haftstrafen von 3-15 Tagen verurteilt. Viele von ihnen sind weiterhin in Haft, während andere Opfer verschiedener Formen von Schikanen wurden.

Wir verurteilen auf das Schärfste, dass mehrere Verhaftungen friedlicher Demonstranten an verschiedenen Orten in Belarus unter dem Einsatz exzessiver Gewalt durch belarussische Sicherheitskräfte vorgenommen wurden.

Mehrere belarussische Organisationen haben für den 25. März 2017 eine Demonstration angekündigt, die in Minsk und an anderen Städten in Belarus stattfinden wird. Wir sind zutiefst besorgt über die körperliche und seelische Unversehrtheit der Teilnehmer dieser Protestmärsche.

Als Präsident von Belarus fordern wir Sie dazu auf:

    • die Rechte auf friedliche Versammlung und Meinungsfreiheit zu respektieren
    • sicherzustellen, dass es zu keinen Behinderungen in der Ausübung dieser Rechte in Belarus kommt, insbesondere in Verbindung mit den für den 25. März 2017 in Minsk und in anderen Städten landesweit geplanten Demonstrationen
    • unter allen Umständen die körperliche und seelische Unversehrtheit aller friedlichen Demonstranten an der Kundgebung in Minsk am 25. März 2017 sowie an allen anderen landesweiten friedlichen Demonstrationen in Belarus zu garantieren
    • von der exzessiven Anwendung von Gewalt durch Sicherheitskräfte am 25. März 2017 in Minsk sowie an allen anderen landesweiten friedlichen Demonstrationen in Belarus Abstand zu nehmen
    • zu gewährleisten, dass Journalisten ihre beruflichen Aufgaben vollumfänglich ausüben können, insbesondere während friedlicher Demonstrationen
    • alle Demonstranten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Aktivisten der Zivilgesellschaft und Mitglieder der Opposition sofort und bedingungslos freizulassen, die in Verbindung mit der aktuellen Welle an Demonstrationen allein aufgrund der friedlichen Ausübung ihrer Menschenrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit verhaftet wurden
    • die präventive Verhaftung von Journalisten, Menschenrechtsverteidigern, Aktivisten der Zivilgesellschaft, Anarchisten und oppositionellen Aktivisten zu unterlassen
    • die Verfolgung, Schikanierung und Einschüchterung derjenigen sofort zu beenden, die ihre Menschenrechte auf Versammlungs-, Meinungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen, und diese Menschenrechte allen belarussischen Bürgern zu garantieren
    • das Präsidenten-Dekret Nr. 3 abzuschaffen, da es die internationale Menschenrechts-Gesetzgebung verletzt

Unterzeichner:

Albanian Helsinki Committee (Albanien)
Analytical Center for Interethnic Cooperation and Consultations (Georgien)
Article 19 (Großbritannien)
Association UMDPL (Ukraine)
Bir Duino (Kirgistan)
Bulgarian Helsinki Committee (Bulgarien)
Center for Civil Liberties (Ukraine)
Center for the Development of Democracy and Human Rights (Russland)
Charity foundation „East-SOS“ (Ukraine)
Civic Belarus (Tschechien)
CIVICUS: World Alliance for Citizen Participation (Südafrika)
Committee to Protect Journalists (USA)
Crude Accountability (USA)
FIDH (Frankreich)
Freedom Files (Russland/Polen)
Deutsch-Russischer Austausch (Deutschland)
Helsinki Committee for Human Rights in Serbia (Serbien)
Helsinki Committee of Armenia (Armenien)
Helsinki Foundation for Human Rights (Polen)
Human Rights Center „Postup“ (Ukraine)
Human Rights Center (Aserbaidschan)
Human Rights Information Center (Ukraine)
Human Rights Monitoring Institute (Litauen)
Humanrights.ch (Schweiz)
Index of Censorship (Großbritannien)
Institute Respublica (Ukraine)
International Partnership for Human Rights (Belgien)
IRFS (Aserbaidschan)
JEF Europe: Young European Federalists (Belgien)
Kazakhstan Interantional Bureau for Human Rights and the Rule of Law (Kasachstan)
Kharkiv Human Rights Protection Group (Ukraine)
KRF Public Alternative (Ukraine)
Libereco – Partnership for Human Rights (Schweiz/Deutschland)
Macedonian Helsinki Committee (Mazedonien)
Memorial International (Russland)
Menschenrechte in Belarus (Deutschland)
Moscow Helsinki Group (Russland)
NESEHNUTI – Independent Social Ecological Movement (Tschechien)
Norwegian Helsinki Committee (Norwegen)
Ostgruppen – Swedish Initiative for Democracy and Human Rights (Schweden)
Promo LEX (Moldawien)
Protection of Rights without Borders NGO (Armenien)
Public Verdict Foundation (Russland)
Reporters Without Borders International (Frankreich)
The Netherlands Helsinki Committee (Niederlande)
The Swiss Helsinki Committee (Schweiz)
Ukrainian Helsinki Human Rights Union (Ukraine)
World Organisation Against Torture (Schweiz)