Libereco und elf weitere zivilgesellschaftliche Organisationen aus der Schweiz fordern den Rücktritt der belarusischen Honorarkonsuln in der Schweiz.

Auf Initiative der deutsch-schweizerischen Menschenrechtsorganisation Libereco – Partnership for Human Rights fordern zwölf zivilgesellschaftliche Organisationen den Rücktritt der Honorarkonsuln für die Republik Belarus in der Schweiz.

Die Honorarkonsuln Hermann Alexander Beyeler (Pratteln, Kanton Basel-Landschaft) und Andrey Nazheskin (Givisiez, Kanton Freiburg) sind ehrenamtlich tätig. Sie unterstützen durch die Ausübung ihres Amtes das belarusische Regime von Alexander Lukaschenko. Dieser ist nicht nur für tausende Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land verantwortlich, sondern trägt auch Russlands völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit zehntausenden Toten mit.

So liess Lukaschenko zu, dass russische Truppen von belarusischem Staatsgebiet aus die Ukraine überfielen. Zugleich wird die Ukraine bis zum heutigen Tag regelmässig mit Raketen attackiert, die in Belarus abgeschossen werden. Beyeler und Nazheskin sind durch ihre Amtsausübung für das Leid unzähliger Menschen mitverantwortlich, da sie das Lukaschenko-Regime weiterhin im Ausland repräsentieren und somit seine Handlungen legitimieren.

„An den Händen der Honorarkonsuln klebt das Blut des folternden Lukaschenko-Regimes“

„Dass sich die Herren weiterhin in den Dienst einer verbrecherischen Diktatur stellen, ist unfassbar. Trotz all der Verbrechen klammern sie sich weiter an ihr Amt, das verurteile ich auf das Schärfste. An ihren Händen klebt das Blut des folternden Lukaschenko-Regimes. Die Honorarkonsuln müssen sich entscheiden, ob sie sich als Demokraten verstehen oder als Handlager eines brutalen Diktators“, sagt Lars Bünger, Präsident von Libereco Schweiz.

Zusammen mit weiteren Schweizer Organisationen fordert Libereco daher die belarusischen Honorarkonsuln Beyeler und Nazheskin mit Nachdruck dazu auf, ihr Amt als Honorarkonsuln der Republik Belarus in der Schweiz mit sofortiger Wirkung niederzulegen.

Der offene Brief im Wortlaut (hier zum Download auf Deutsch und Französisch):

An die Honorarkonsuln der Republik Belarus in der Schweiz
Herrn Hermann Alexander Beyeler
Herrn Andrey Nazheskin

Sehr geehrte Herren
 
Seit dem 24. Februar führt Putins Russland einen brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine und wird dabei aktiv vom Regime des belarusischen Diktators Alexander Lukaschenko unterstützt. Lukaschenko hat zugelassen, dass russische Truppen von belarusischem Staatsgebiet aus die Ukraine überfallen haben und zeitweise bis kurz vor Kyjiw gelangten. Bis zum heutigen Tag wird die Ukraine regelmässig mit Raketen attackiert, die in Belarus abgeschossen werden. Das belarusische Regime ist mitverantwortlich für den Tod zehntausender unschuldiger Menschen in der Ukraine.
 
Nach der brutalen Niederschlagung der friedlichen Massenproteste im Sommer und Herbst 2020 herrscht in Belarus heute ein Klima der totalen Angst, der Repression und des alltäglichen Terrors. Über 40’000 Menschen wurden seitdem verhaftet, tausende schwer misshandelt und gefoltert. Zehntausende Regimegegnerinnen und Regimegegner mussten aus dem Land fliehen. Mehr als 1250 politische Gefangene wurden und werden in Schauprozessen zu drakonischen Gefängnisstrafen von bis zu 20 Jahren verurteilt.
 
Für all diese Verbrechen steht das herrschende Regime in Belarus unter Diktator Lukaschenko. Und all das repräsentieren Sie mit Ihrem Namen in Ihrer Funktion als belarusische Honorarkonsuln in der Schweiz.
 
Die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus und die totalitäre Unterdrückung aller Andersdenkenden durch das Lukaschenko-Regime sind unvereinbar mit den Werten von Freiheit und Demokratie, die wir in der Schweiz leben und schätzen. 

Mit jedem Tag, an dem Sie Ihre Tätigkeit als belarusische Honorarkonsuln weiterführen, treten Sie diese Werte mit Füssen. Sie verharmlosen, legitimieren und unterstützen eine brutale Diktatur und sind damit mitverantwortlich für deren Verbrechen.
 
Wir verurteilen auf das Schärfste, dass Sie Ihre Repräsentation des Lukaschenko-Regimes in Kenntnis von dessen Verbrechen bis zum heutigen Tage fortsetzen. Alle russischen Honorarkonsuln in der Schweiz, Liechtenstein und Deutschland sind nach dem russischen Überfall auf die Ukraine geschlossen zurückgetreten. In Deutschland haben bereits zwei von vier belarusischen Honorarkonsuln Ihr Amt niedergelegt. Folgen Sie diesem Beispiel! Zeigen Sie Haltung!
 
Wir fordern Sie mit Nachdruck dazu auf, von Ihrer Funktion als Honorarkonsul der Republik Belarus in der Schweiz mit sofortiger Wirkung zurückzutreten. Stellen Sie sich auf die Seite der Menschen in Belarus, die sich nach Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sehnen! Beenden Sie Ihre Unterstützung der Lukaschenko-Diktatur – sofort!

Unterzeichnende Organisationen:
ACAT-Schweiz
Campax
DeutschSchweizer PEN Zentrum
Europäische Bewegung Schweiz
Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSoA
Libereco – Partnership for Human Rights
Operation Libero
Razam.ch
Schweizerischer Friedensrat
Schweizerische Helsinki Vereinigung
Ukrainischer Verein in der Schweiz
Young European Swiss

Die Honorarkonsuln: Hintergrund

Libereco hatte vorab beide Honorarkonsule schriftlich konfrontiert. Nur Nazheskin bezog Stellung.

    • Der Luzerner Unternehmer, Kulturmäzen, Schriftsteller und selbsterklärte „Immobiliensammler“ Hermann Alexander Beyeler, mit einem Vermögen von mehreren hundert Millionen Franken einer der reichsten Schweizer, versteht sein Amt, das er seit 2019 ausübt, hauptsächlich als wirtschaftliche Angelegenheit. So sagte er dem NZZ Magazin, seine Funktion sei mit keinem politischen Auftrag verbunden, und Pilatus Today, sich politisch zu äussern, sei auch nicht seine Aufgabe als Honorarkonsul.
    • Offensichtlich vertritt diese Auffassung auch der Unternehmer und ehemalige SVP-Nationalratskandidat im Kanton Genf, Andrey Nazheskin. Dieser erklärte auf Anfrage von Libereco, weshalb er trotz des vom belarusischen Regime unterstützten Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine an seinem Amt als Honorarkonsul für Belarus festhalte, sein Konsulat nehme keine Stellung zu aktuellen politischen Fragen.

In Deutschland haben in den vergangenen Monaten bereits zwei der insgesamt vier Honorarkonsuln der Republik Belarus ihr Amt niedergelegt. Bereits nach der brutalen Niederschlagung der Proteste nach der gefälschten Präsidentschaftswahl im August 2020 hatte sie Libereco dazu schriftlich per E-Mail und Brief aufgefordert, damals jedoch noch ohne Reaktion.

Anmerkung vom 6. März 2023: Wir begrüssen den im Januar 2023 erfolgten Rücktritt von Timothy von Landskron von seinem Amt als belarusischer Honorarkonsul im Fürstentum Liechtenstein als sehr wichtiges Zeichen der Solidarität mit allen politisch Verfolgten in Belarus. Wir haben ihn als Adressaten des Offenen Briefes entfernt.