Libereco – Partnership for Human Rights beobachtet die prekäre Menschenrechtssituation im Grenzgebiet zwischen Belarus und Polen mit großer Besorgnis. Die deutsch-schweizerische Menschenrechtsorganisation fordert deshalb die EU auf, unverzüglich neue Sanktionen gegen das belarusische Regime zu erlassen. Zugleich muss sichergestellt werden, dass die polnische Regierung ihre Verpflichtungen zum Schutz von Menschen auf der Flucht einhält.

Bei eisiger Kälte harren derzeit tausende Menschen im Niemandsland zwischen Belarus und Polen aus. Sie können weder vor noch zurück: Bewaffnete belarusische Sicherheitskräfte drängen die Menschen in Richtung polnische Grenze. Auf der anderen Seite stehen polnische Grenzschützer*innen, Polizist*innen und Soldat*innen, die ihrerseits die Menschen nicht durchlassen. Das EU-Mitglied Polen verweigert damit den Schutzsuchenden das Recht, einen Asylantrag stellen zu dürfen. Zuvor hatte auch Litauen mit Gewalt, illegalen Push-Backs und dem Bau von Zäunen auf die steigende Anzahl von Asylsuchenden reagiert, die aus Belarus kamen.

Vor diesem Hintergrund erklärt der Vorsitzende von Libereco in Deutschland, Marco Fieber: „Hauptverursacher dieses humanitären Desasters ist ganz klar der belarusische Machthaber. Alexander Lukaschenko agiert seit Monaten ungeniert als Schlepper, verbreitet aber zugleich die Lüge, international organisierte Schleusernetzwerke seien für das plötzliche Auftauchen Tausender Menschen aus Kriegsgebieten an der EU-Außengrenze verantwortlich. Es ist eine Schande, dass die EU der perfiden Strategie Lukaschenkos nichts entgegensetzt. Neben der weiter andauernden Unterdrückung jeglicher Opposition im eigenen Lande missbraucht der Diktator nun auch Migrant*innen für seinen Machterhalt.“

Fieber kritisiert zugleich die polnische Regierung scharf: „Der Umgang Polens mit der angespannten Lage ist entsetzlich: Journalist*innen und Helfende werden aus dem Grenzgebiet ausgesperrt, um ungestörter gegen die Migrant*innen vorgehen zu können. Die polnische Regierung verletzt dabei Menschenrechte und untergräbt europäische Konventionen. Damit macht sie sich genauso schuldig am Schicksal dieser Menschen wie Lukaschenko im Nachbarland. Es ist zutiefst besorgniserregend, dass die europäische Politik das Vorgehen Polens weitestgehend widerspruchslos hinnimmt, teilweise sogar gutheißt.“

Es braucht umgehend weitere Strafmaßnahmen gegen Belarus

Medienberichten zufolgen sind seit dem Sommer bereits mindestens zehn Migrant*innen im Grenzgebiet gestorben. Während die Temperaturen weiter sinken, sind weitere Todesfälle zu befürchten. Es ist offensichtlich, dass Lukaschenko den Tod von geflüchteten Menschen durch sein Handeln billigend in Kauf nimmt. Libereco erwartet zwingend, dass die polnische Regierung dem entschieden entgegentritt und den Schutzsuchenden nicht weiter Hilfe verwehrt.

Als Reaktion auf die fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen in Belarus braucht es umgehend weitere harte und wirksame Strafmaßnahmen aller demokratischen Staaten gegen das Terror-Regime von Lukaschenko. Dringend angebracht sind ein Verbot der Werbung westlicher Unternehmen in den belarusischen Staatsmedien, ein Handelsverbot mit belarusischen Staatsanleihen sowie Einreiseverbote und Sanktionen gegen alle belarusischen Regierungsmitglieder. Als Sofortmaßnahme sollte die EU sämtliche Botschafter von Belarus aus seinen Mitgliedsstaaten ausweisen.

Solidarität mit den Schutzsuchenden

Bereits seit dem Frühjahr versuchen Menschen aus kriegs- und krisengeschüttelten Staaten wie Syrien, dem Irak und Afghanistan vermehrt über Belarus in die Europäische Union zu gelangen. Diese Flucht- und Migrationsroute ist völlig neu, erst das belarusische Regime hat sie unter Vorsatz geschaffen: Ende Mai hatte Lukaschenko gedroht, Migrant*innen auf dem Weg in die EU nicht mehr aufzuhalten.

Libereco zeigt sich solidarisch mit all denjenigen, deren Verzweiflung über die Lage im eigenen Land und das Fehlen eines sicheren Zugangs zum EU-Asylsystem durch den belarusischen Machthaber ausgenutzt wird. Libereco schließt sich zudem uneingeschränkt den Forderungen von Human Constanta und Pro Asyl an, dass sich die deutsche und europäische Politik für eine humanitäre Lösung und die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten in Europa stark machen müssen.